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Organisationsentwicklung nach Laloux: Selbstführung statt Silodenken

  • hannesmoedl
  • 18. Aug.
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 2. Sept.

Wie bleibt eine Organisation lebendig, verantwortungsvoll und attraktiv – ohne im Chaos zu enden? Frederic Laloux gibt in Reinventing Organizations eine klare, praxisnahe Antwort. Er beschreibt Unternehmen, die selbstorganisiert, ganzheitlich und sinnorientiert arbeiten – und zeigt, wie der Weg dorthin gelingen kann.


Kurz gesagt: Worum geht’s?

  • Fokus der Studie: Laloux betrachtete 50 Organisationen und identifizierte 12 Pionierunternehmen, die neue Prinzipien bereits konsequent leben.


  • Die drei Durchbrüche („Teal“):

    1. Selbstführung statt klassischer Hierarchien

    2. Ganzheit: Menschen zeigen mehr als nur die „Job-Maske“

    3. Evolutionärer Sinn: Purpose als Kompass, nicht nur Profit


  • Entwicklungslogik der Organisationen: von impulsiv über traditionell-konformistisch, modern-leistungsorientiert und postmodern-pluralistisch hin zur evolutionären Stufe („Teal“) .

Merksatz: Führung ist weniger ein Titel als ein soziales System, das Verantwortung, Sinn und Gestaltung auf viele Schultern verteilt.

Die Stufen im Überblick

  • Impulsiv: Macht schützt; Regeln sind situativ.

  • Traditionell-konformistisch: Klare Hierarchie, Stabilität, Prozesse.

  • Modern-leistungsorientiert: Wettbewerb, Ziele, KPI-Logik, Karrierepfade.

  • Postmodern-pluralistisch: Partizipation, Werte, Kulturarbeit.

  • Evolutionär („Teal“): Dezentrale Entscheidungen, Ganzheit und Sinnorientierung.


Wichtig: Keine Stufe ist „moralisch besser“. Doch in dynamischen Umfeldern werden Selbstführung, Anpassungsfähigkeit und Sinn zum klaren Wettbewerbsvorteil.


Wie „Teal“ im Alltag aussieht

  • Rollen statt Stellen: Verantwortung ist klar, aber beweglich – Rollen können wechseln, wenn es sinnvoll ist.

  • Beratungsprozess für Entscheidungen: Betroffene und Expert:innen werden gehört; danach entscheidet eine Person – schnell, informiert, verantwortlich.

  • Transparenz als Standard: Zahlen, Projekte, Learnings sind einsehbar – Politik sinkt, Ownership steigt.

  • Rituale der Ganzheit: Check-ins, Retrospektiven, klare Konfliktregeln – Psychologie wird mitgedacht, nicht dem Zufall überlassen.

  • Sinn geleitete Strategie: Ziele leiten sich aus dem Purpose ab; Strategie ist ein lebender Dialog, kein Jahresdokument.


Chancen und Stolpersteine

Chancen

  • Schnellere Entscheidungen, weil sie dort fallen, wo Wissen sitzt.

  • Höheres Engagement – Menschen bringen mehr von sich ein.

  • Robustheit in Veränderung: Teams navigieren ohne ständiges Top-Down.


Typische Stolpersteine

  • Schattenhierarchien, wenn Entscheidungsregeln unklar sind („Die Lautesten führen“).

  • Pseudopartizipation, wenn Macht nicht wirklich mitwandert.

  • Überforderung, wenn Rollen und Rituale unsauber eingeführt werden.

Klartext: Selbstorganisation ist nicht weniger Führung – sie ist anders organisierte Führung.

Der Praxispfad: So startest du ohne Großrevolution

1) Startpunkt klären

  • Was läuft heute gut? Wo staut es sich? Welche Entscheidungen dauern zu lang?

  • Nicht verhandelbar (klar benennen): Recht, Compliance, Sicherheit.


2) Pilot wählen

  • Motiviertes Team, klarer Kundennutzen, überschaubares Risiko.

  • Zielbild in 3 Sätzen: Was ist in 90 Tagen konkret anders?


3) Entscheiden neu lernen (Beratungsprozess)

  • Festlegen: Wer darf entscheiden? Wer muss beraten werden?

  • Dokumentieren (kurz): Was? Warum? Wen einbezogen? – für Nachvollziehbarkeit.


4) Rollen & Transparenz einführen

  • Rollen klar beschreiben (Zweck, Domänen, Verantwortungen).

  • Sichtbarkeit schaffen: Board/Kanban/OKR – Wer arbeitet woran? Wozu?


5) Rituale der Ganzheit etablieren

  • Check-in (3 Min.) zu Beginn von Meetings.

  • Retro alle 2–4 Wochen: Was stärkt? Was hemmt? Was ändern wir jetzt?


6) Führung neu definieren

  • Von Kontrolle zu Rahmen + Verantwortung.

  • Führung coacht das System: Spannungen klären, Autonomie schützen, am Sinn ausrichten.


FAQ – häufige Fragen

Müssen wir Hierarchien komplett abschaffen? Nein. Manche Hierarchie bleibt sinnvoll (z. B. rechtliche Verantwortung). Teal heißt: Entscheidungen dorthin, wo Expertise und Betroffenheit liegen – mit klaren Spielregeln.


Ist das nicht nur „Kulturkram“? Strukturen, Prozesse und Kultur greifen ineinander. Ohne klare Entscheidungslogik wird Partizipation zäh – ohne Kulturarbeit kippt Selbstführung in Machtspiele.

Wann passt Teal eher nicht? Wenn Eigentümer- oder Topteam-Commitment fehlt oder stark regulierte Arbeit keine Dezentralisierung zulässt. Dann gilt: kleiner Pilot statt Big Bang.


Fazit: Evolution statt Revolution

Laloux lädt nicht zum blinden Hierarchieabbau ein, sondern zur bewussten Evolution: mehr Selbstführung, mehr Ganzheit, mehr Sinn. Das ist anspruchsvoll – und machbar. Fang klein an: ein Team, ein Beratungsprozess, ein neues Ritual. Schau auf die Wirkung, lerne, skaliere. So entsteht eine Organisation, in der Menschen verantwortlich handeln wollen – und können.


Mini-Checkliste

  •  Entscheidungsregeln für den Beratungsprozess definiert

  •  Rollen mit Zweck/Verantwortung beschrieben

  •  Transparenz-Board live

  •  Check-in und Retro im Kalender

  •  90-Tage-Zielbild formuliert


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