Die Leadership Challenge: Führen, das Menschen mitnimmt
- hannesmoedl
- 18. Aug.
- 3 Min. Lesezeit
Du musst kein „geborener Leader“ sein. Führung ist lernbar – und zwar Schritt für Schritt. Genau das zeigen James Kouzes und Barry Z. Posner seit 1983 mit der Leadership Challenge. Auf Basis von Tausenden Interviews und zehntausenden Erfahrungsberichten haben sie fünf Verhaltensweisen identifiziert, die exzellente Führungskräfte gemeinsam haben. Hier erfährst du, was dahintersteckt – und wie du es heute in deinem Alltag umsetzt.
1) Model the Way – Vorbild sein, Werte leben
Worum geht’s? Menschen folgen nicht Jobtiteln, sie folgen Beispielen. „Model the Way“ heißt: Du klärst, wofür du stehst – und handelst konsistent danach. So entsteht Orientierung und Vertrauen.
So setzt du’s um:
Werte-Check: Notiere deine Top-3-Werte (z. B. Klarheit, Respekt, Verantwortung).
Regel ableiten: Formuliere je Wert eine Verhaltensregel („Wir geben Feedback zeitnah und konkret“).
Konsequenz zeigen: Triff kleine, sichtbare Entscheidungen im Sinne dieser Regeln – besonders, wenn es unbequem ist.
Mini-Beispiel: Statt in letzter Minute Anforderungen zu ändern, hältst du das Briefing stabil – und erklärst offen, warum Verlässlichkeit für dich Priorität hat.
2) Inspire a Shared Vision – Ein Bild der Zukunft entfachen
Worum geht’s? Leistung entsteht, wenn Menschen Sinn sehen. Du zeichnest ein konkretes, attraktives Zukunftsbild, das an Hoffnungen und Stärken deines Teams andockt – nicht nur an KPIs.
So setzt du’s um:
Vom Zahlensalat zur Story: „Stellt euch vor, in 6 Monaten…“ – male 3 Szenen, wie Erfolg fühlt, aussieht, klingt.
Co-Kreation: Frage: „Was darf in dieser Zukunft auf keinen Fall fehlen?“ – baue Beiträge sichtbar ein.
Anker setzen: Wiederhole die Vision in Meetings, 1-on-1s und in Entscheidungen („Wir wählen Option B, weil sie unserer Vision X dient“).
Mini-Beispiel: Aus „5 % mehr Marktanteil“ wird: „Unsere Lösung ist in jedem dritten Projekt das Beispiel, das andere zitieren – weil wir komplexe Dinge radikal vereinfachen.“
3) Challenge the Process – Mutig verbessern, klug experimentieren
Worum geht’s? Starke Führung hinterfragt Gewohnheiten und testet neue Wege – mit kleinen, kalkulierten Risiken. Lernen ist ausdrücklich erlaubt.
So setzt du’s um:
„Was wäre, wenn…“-Ritual: In jedem Weekly 5 Minuten für eine Annahme, die ihr testet.
Kleine Experimente: Statt Großprojekt lieber 2-Wochen-Piloten mit klarer Hypothese und Messpunkt.
Fehlerkultur: Nach jedem Versuch: Keep / Stop / Start – ohne Schuldige, mit Fokus auf Lerneffekt.
Mini-Beispiel: Ihr testet eine neue Handover-Checkliste erst im kleinsten Team, messt Übergabefehler und entscheidet dann über Roll-out.
4) Enable Others to Act – Vertrauen schaffen, andere stark machen
Worum geht’s? Exzellente Führung ist Multiplikation, nicht Hero-Solo. Gute Führung bedeutet nicht, selbst der Beste zu sein, sondern andere größer zu machen. Es geht um Vertrauen, Zusammenarbeit und echte Ermächtigung.
So setzt du’s um:
Delegation mit Klarheit: Ziel, Erfolgskriterien, Entscheidungsrahmen – alles explizit. Danach: Raum lassen.
Stärken sichtbar machen: Rolle Arbeit so, dass Menschen ihre Talente ausspielen können.
Brücken bauen: Fördere Peer-Support (Buddy-System, Sparring-Slots), damit Wissen fließt.
Mini-Beispiel: Du gibst die Moderation des Sprint Reviews ab – inklusive Zielbild und „No-Micromanagement“-Versprechen – und stehst als Coach bereit.
5) Encourage the Heart – Erfolge echt würdigen
Worum geht’s? Diese Praxis wird laut Forschung am seltensten gelebt – und hat riesige Wirkung. Echte Anerkennung macht Leistung sichtbar, stärkt Zugehörigkeit und Ausdauer.
So setzt du’s um:
Konkret loben: „Wertvoll war genau das: deine klare Struktur im Kick-off, dadurch…“
Rituale schaffen: Wochenabschluss „3 Wins“ im Teamchat; Meilensteine feiern – klein, ehrlich, zeitnah.
Beitrag und Wirkung verknüpfen: Zeige, wie die Leistung den Kund:innen/Partner:innen geholfen hat.
Mini-Beispiel: Nach der erfolgreichen Migration liest du ein Kundenfeedback vor und verbindest es mit dem Einsatz des Ops-Teams – namentlich.
Dein 30-Tage-Plan (kompakt & machbar)
Woche 1 – Vorbild: Werte klären, eine Verhaltensregel formulieren, eine sichtbare Entscheidung danach treffen.
Woche 2 – Vision: Zukunftsbild in 3 Szenen schreiben, in zwei Terminen teilen und Feedback integrieren.
Woche 3 – Experiment: Einen 2-Wochen-Piloten starten, Lerneffekt dokumentieren.
Woche 4 – Befähigen & Würdigen: Eine Aufgabe mit klarem Rahmen delegieren; drei konkrete Anerkennungen aussprechen.
Messpunkt: Am Monatsende 10 Minuten Retrospektive: Was hat Vertrauen gestärkt? Was wiederholen wir? Was lassen wir?
Häufige Stolpersteine – und wie du sie umgehst
„Keine Zeit für Vision.“ → Spare Zeit, indem du Entscheidungen an der Vision ausrichtest (weniger Ping-Pong).
„Delegieren = Kontrollverlust.“ → Klare Kriterien + Check-ins statt Mikromanagement.
„Lob wirkt kitschig.“ → Konkrete Leistung + Wirkung benennen – sachlich, zeitnah, ehrlich.
Fazit: Führung, die wächst
Die fünf Praktiken der Leadership Challenge sind kein Dogma, sondern alltagstaugliche Verhaltensanker. Wenn du Werte lebst, Zukunft greifbar machst, mutig verbesserst, andere stark machst und Erfolg sichtbar würdigst, wächst nicht nur deine Wirkung – auch dein Team wird sicherer, kreativer und leistungsfähiger. Fang klein an: eine Praxis, ein Verhalten, diese Woche. Führung ist kein Titel. Führung ist, was du tust.

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